„Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen“ 

Zu diesem Thema hielt Prof. Arno Olthoff, aus der Phoniatrie und Pädaudiologie der HNO Klinik – Universitätsmedizin Göttingen, einen faszinierenden, auch für Laien verständlichen Vortrag rund um das Schlucken. Im Verlauf seines Vortrages ging er detailliert auf die Schluckproblematik, von der viele Myositis-Patienten betroffen sind, ein und zeigte Behandlungsmöglichkeiten auf.

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Anhand von Videoaufnahmen zeigte er, wie der Schluckakt von statten geht. Hierbei wurde die Bedeutung der Sicherung der Atemwege durch den Verschluss des Kehlkopfes betont. Durch diesen Verschluss wird ein „Verschlucken“, also ein Abgleiten von Nahrung in den Atemweg (Aspiration) vermieden. Da der Atemweg von der Schluckstraße umgeben ist, erfordert dies einen dreischichtigen muskulären Verschluss und schließlich ein Anheben des Kehlkopfes.

Da die Aspiration von Nahrung im Verlauf zu Lungenentzündungen führen kann, ist es für Mediziner besonders wichtig herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt beim Schluckablauf das „Verschlucken“ passiert, um daraus evtl. therapeutische Maßnahmen ableiten zu können. Prof. Olthoff stellte drei Untersuchungsmethoden vor, die dabei helfen sollen, genau diesen Zeitpunkt herauszufinden.

Zum einen steht die FEES (Flexible endoskopische Evaluation des Schluckens) Untersuchung zur Verfügung. Dabei wird mit einer kleinen Kamera über die Nase in den Rachen geschaut. Hierbei besteht die Problematik, dass der Moment des Schluckens und der Eingang der Speiseröhre nicht einsehbar sind.

Des Weiteren gibt es die Videofluoroskopie (VS). Sie ergänzt die FEES. Hierbei handelt es sich um eine Röntgenuntersuchung, bei welcher die Schluckstraße durch einen Kontrastbrei dargestellt wird. Prof. Olthoff erklärt in dem Zusammenhang die Aufnahmen eines Patienten mit IBM. Am Speiseröhreneingang befindet sich ein Muskel, der beim Schlucken normalerweise erschlafft. Bei der IBM ist jedoch die Erschlaffung des Muskels gestört und das führt zu einer Schluckstörung.

Als dritte Untersuchungsmethode wurde das Echtzeit-MRT vorgestellt. Bei dem Echtzeit-MRT werden vom Patienten viele aufeinanderfolgende Aufnahmen während des Schluckens von Ananassaft aufgezeichnet. Durch das Mangan im Ananassaft ist dieser auf den Aufnahmen sichtbar und lässt sich während des kompletten Schluckaktes verfolgen. Röntgenstrahlen werden hierbei vermieden und Weichgewebe wie die Schluckmuskeln sind darstellbar.

Die Auswertung der MRT-Bilder zeigt, ob eine Schluckstörung vorliegt und wie schwer sie ausgeprägt ist. Auch können die Schluckmuskeln, die zur Schluckstörung führen, besser identifiziert werden. Das liegt daran, dass im MRT Weichgewebestrukturen dargestellt werden können, hingegen in der VS nicht. Bei den gezeigten Aufnahmen wird sichtbar, dass auf den MRT Bildern eine Schluckstörung (z.B. bei der Erschlaffungsstörung des Muskels am Speiseröhreneingang) ebenso wie auf den Röntgenbildern festzustellen ist.

Speziell zu dieser Untersuchung wurde die Studie „Evaluation of dysphagia by novel real-time MRI (RT-MRT)“ („Echtzeit-MRT zur Evaluation der Dysphagie bei der Einschlusskörpermyositis (IBM) und anderen neuromuskulären Erkrankungen“) durchgeführt. Die Zielsetzung bestand darin, die Sicherheit und Durchführbarkeit von Echtzeit-MRT-Untersuchungen bei Patienten mit Schluckstörungen zu überprüfen und mit den bisherigen Standardmethoden (FEES/VS) zu vergleichen. Im Vorfeld stand u.a. zur Diskussion, dass das Schlucken im Liegen mit großen Problemen einhergehen könnte. Das hat sich aber nicht bestätigt.

Prof. Olthoff erklärt, dass sich im Rahmen der Studie gezeigt hat, dass nicht alle IBM Patienten von einer Schluckstörung betroffen sind. Meist bleibt die Schluckproblematik auf einem Stand und bei wenigen Patienten nimmt die Problematik mit der Zeit zu. Mit dem MRT ist das Problem des Schluckens und der zeitliche Verlauf messbar und auch der Ort (Mund = OTT, Rachen = PTT, Speiseröhre =EOT) lässt sich gut definieren.

Bei IBM Patienten kann Botulinumtoxin („Botox“) gezielt in den Muskel am Speiseröhreneingang gespritzt werden und löst eine Erschlaffung des betroffenen Muskels aus, wodurch das Schlucken wieder (leichter) möglich ist. Das Medikament wird vom Körper mit der Zeit abgebaut und die Behandlung muss alle 3-6 Monate wiederholt werden.

Fragen an Prof. Olthoff:

  1. Ist das dauerhafte Erschlaffen des Muskels von Nachteil? Antwort: Ja, es kann zu Rückfluss von Magensaft beim Vorliegen einer Hernie führen
  1. Wie funktioniert das Spritzen von Botox? Antwort: In einer kurzen Vollnarkose – durch den Mund.
  1. Ist diese Botox Behandlung nur in Göttingen möglich? Antwort: Es gibt mehrere spezialisierte Zentren. In der Klinik nachfragen
  1. Wer trägt die Kosten? Antwort: Die Krankenkassen
  1. Wenn man sehr viel Luft schluckt, hat das Auswirkungen auf den Darm? Antwort: Aerophagie = krankhaftes Luftschlucken – ungefährlich
  1. Wo findet man in Schleswig-Holstein einen Ansprechpartner? Antwort: In Lübeck- Prof. Schönweiler (Phoniatrie, Universitätsklinik)
  1. Wo findet man in Dresden einen Ansprechpartner? Antwort: Prof. Müller (Phoniatrie, Universitätsklinik)
  1. Bei mir wirken sich Fußreflexzonenmassagen positiv auf das Schlucken aus. Ist das bei IBM möglich? Antwort: Es ist nicht klinisch bewiesen, aber auch nicht abwegig.
  1. Wann steigt das Essen in die Nase? Antwort: Wenn der velopharyngeale Abschluss, also das Abschließen des Nasenrachens gegen den Mundrachen nicht funktioniert. Hierfür ist der Weichgaumen durch sein Anheben zuständig.

Bericht: Silke Schlüter